Yvonne Bettkober (GL Microsoft Schweiz) im Interview

Okt 15, 2018
Stephan Mahler

Yvonne Bettkober prägt seit mehr als zehn Jahren Microsoft und seit über drei Jahren in der Funktion als „Member of the Executive Board / Geschäftsleitung“ insbesondere die Microsoft Schweiz. Sie ist als „Power Woman“ bekannt und hat sich vor einiger Zeit mit uns zu einem persönlichen Interview getroffen.

Karrierefrau und Mutter. Du bist beides. Wie bringst Du alles unter einen Hut? Wo muss man einstecken?

Ich bringe gar nicht alles unter einen Hut und ich versuche auch nicht perfekt zu sein. Vielleicht ist das auch das Geheimnis. Für mich ist sowohl Familie als auch Beruf Teil von meinem Leben. […] Es bedeutet natürlich, dass man belastbarer sein muss und sehr gut organisieren und auch nein sagen können, aber es bringt auch sehr viel Erfüllung. Ich würde keinen dieser Teile missen wollen – für mich gibt es nur das Leben mit beidem: Kind und Karriere.

Beim Führen von Teams, gibt es da Ähnlichkeiten mit dem Managen einer Familie?

Es gibt da ganz viele Parallelen. Ich habe vor kurzem “How to measure your life” gelesen. Da stellt sich auch die Frage, weshalb Leute nicht das Wissen aus ihrem Berufsleben auch auf ihr Privatleben anwenden. Im Beruf muss man gewisse SLA’s und Vereinbarungen handlen, hat Governance-Modelle und Ziele, aber wendet das ausserhalb des Berufes nicht an. […] Man muss sich mit allen Parteien einigen, was für jeden wichtig ist und auch Erwartungen offenlegen. Genauso muss man die Kinder ernstnehmen und bei ihnen auch abholen, was ihnen wichtig ist. Zwei von meinen drei Söhnen spielen Fussball, sind jedes Wochenende unterwegs und drei Mal die Woche im Training. Da habe ich meine Jungs auch gefragt, ob es ihnen wichtiger ist, dass ich bei den Trainings oder Turnieren dabei bin. Ihnen waren Turniere wichtiger und deshalb bin ich jeden Samstag auf dem Fussballfeld – egal wie hart die Woche war.
Eine weitere Parallele ist das Coaching. Man investiert immer stark um den Erfolg des Mitarbeiters oder des Kindes zu ermöglichen. Aber das Kind muss den Erfolg selbst definieren. Man kann nicht für das Kind entscheiden, was der eigene Erfolg ist, muss aber dabei sein und mit Coaching und guten Ratschlägen unterstützen. […]

Der grösste Unterschied ist das Thema Job-loss. Als Manager muss man manchmal erkennen, dass trotz Investition und Coaching der Mitarbeiter nicht in der Lage ist einen Job auszuführen, oder dass es die falsche Aufgabe ist. Als Mutter hingegen gibt es kein Job-loss. Da ist man bis zum letzten Tag dabei.

Man kann aber aus dem Muttersein viel für den Beruf mitnehmen: Geduld, Mitgefühl und das miteinander Dinge machen und den Rhythmus des anderen zu respektieren.

Was wolltest Du werden als du 8 Jahre alt warst?

[lacht] Zeitweise Ärztin, dann Astronautin. Danach wollte ich Nihilistin werden und gegen Unterdrückung in Afrika kämpfen. Es hat sehr lange schwanken müssen. In der Schule hatte ich im Schwerpunktfach Naturwissenschaften und Mathematik, deshalb lag das Ingenieurwesen sehr nah.

Hättest Du je gedacht, mal in der IT-Branche zu landen?

Ja, allerdings erst relativ spät. Ich habe ja Elektrotechnik studiert und für uns waren die Informatiker immer die abstrakten Typen, die nicht wirklich was [physisches] gebaut haben. Wir haben noch mit Transistoren gearbeitet und gelötet – wir hielten uns für die besseren Ingenieure. Insofern war für mich klar, dass ich irgendwann bei Siemens oder einem Betrieb, in dem etwas gebaut wird, arbeiten werde. Sozusagen bin ich eher zufällig zur IT gekommen. Ich habe tatsächlich bei Siemens angefangen und bin dann über Umwege zur IT gelangt und fand es sehr interessant. Ich glaube mit Software kann man viel mehr verändern als mit Hardware. Die Hardware ist natürlich relativ statisch und Software kann die Weltrealität viel besser abbilden.

Hattest Du schon mal das Gefühl nicht ernst genommen zu werden als Frau, wenn ja, wie bist Du damit umgegangen?

Ja – vielleicht drei Sekunden lang. Sobald ich den Mund aufmache werde ich ernstgenommen! [lacht] Man ist schon ein bisschen ein Exot. Auch als ich Elektrotechnik studiert habe […] waren wir ca. 400 Studenten, davon drei Frauen. Da haben die Jungs schon seltsam geschaut, wenn man Nagellack auf den Fingernägeln hatte. Und die Professoren haben zwischendurch auch Bemerkungen gemacht. […] Dann bin ich auch noch in meinem letzten Studienjahr schwanger geworden – das war das Weiblichste, was man dem Institut antun konnte.

Insofern, ja, als Frau muss man vielleicht am Anfang etwas mehr überzeugen. Aber es gibt zwei Wege: Entweder man verkrampft sich komplett und möchte jedem beweisen, dass man die Beste ist. Oder man kann es ignorieren und dann mit seinem Wissen und Menschlichkeit überzeugen. […]

Wirst Du lieber respektiert oder gefürchtet?

Da ist Antwort ganz einfach: respektiert. Ich glaube, es geht heute gar nicht mehr als Chef gefürchtet zu werden. Die Mitarbeiter haben eine ganz andere Erwartungshaltung und wollen sich im Job entfalten können, wollen auch etwas bewegen. Wenn man gefürchtet wird, verzichtet man auf die Kreativität der Mitarbeiter. Auch das ist eine Parallele zu Kindern. Kinder die Angst haben trauen sich nicht Dinge zu tun und gehen keine Risiken ein. Sie sind nicht innovativ und probieren nichts Neues aus – dadurch lernen sie auch nicht, denn Fehler und Erfahrung sind woraus man lernt.
In einem Umfeld in dem Mitarbeiter Angst haben, geben sie Fehler erstens nicht zu und man erfährt sie gar nicht als Führungskraft oder sie probieren keine neuen Wege zu gehen. In der IT, wo es hauptsächlich um Innovation geht, braucht es Mitarbeiter, die kreativ sind und sich frei fühlen auch mal zu scheitern.

Wie oft machst Du Fehler und wie gehst Du damit um?

Täglich. […] Im Beruf, wie auch im Privatleben, muss man sehr viele, sehr schnelle Entscheidungen treffen und hat oft nicht alle Fakten beisammen. […] Es passiert oft, dass man Entscheidungen trifft und im Nachhinein dann schlauer ist. Was aber wichtig ist: Reflektion. Man muss versuchen zu verstehen, weshalb eine Entscheidung falsch war und was man hätte besser machen können. Fehler gehören dazu und ich mache gerne Fehler. Was man aber besser machen muss, ist das Reflektieren. Das macht aus Fehlern Erfahrungen.

Was war Dein grösstes Ziel?

Mein grösstes Ziel ist es, dass meine drei Jungs zu fantastischen Persönlichkeiten heranwachsen und jeder für sich einen Beitrag leisten kann. Mein Traum wäre es in 10-15 Jahre aussteigen zu können und mich nur noch der Entwicklungshilfe in Afrika zu widmen. So dass ich komplett frei meine Erfahrungen für eine gute Sache verwenden kann. […]

Wie stark setzt Du Dich bereits für solche Hilfsprojekte ein?

Nicht genug. Meine Mutter leitet die Caritas in Kamerun, d.H. ich arbeite viel mit ihr zusammen. Wir haben mit meinem Team letztes Jahr eine Kleider und Büchersammlung gemacht. Ich habe selbst zweieinhalb Jahre eine Führungsposition in Afrika gehabt und da haben wir Bildungsprogramme und Praktikumsprogramme für Studenten gemacht. Mir ist wichtig als Afrikanerin auch ein Vorbild zu sein und etwas zu leisten. Ich würde gerne noch mehr und noch intensiver helfen, nicht im Sinne von Spenden, sondern zu befähigen und junge Entrepreneure zu unterstützen.

Was machst Du in deiner Freizeit?

Sehr wenig, muss ich ehrlich zugeben. Wenn ich dazu komme, mache ich Sport. Ich mache Crossfit und Powerlifting – nicht sehr weiblich, aber es macht sehr viel Spass. Ich tanze sehr gerne, daher mache ich auch viel Aerobic und Zumba.

Ich lese sehr viel und kaufe jedes Jahr 20-30 Bücher, ganz altmodisch in physischer Form. Die schleppe ich dann immer mit wenn ich in den Urlaub gehe. Am liebsten zu den Themen Leadership, Politik und Afrika. Aber mein Haupt-Hobby bleiben die Fussballturniere, zu denen ich die Kinder am Wochenende fahre.

Bist du ein grosser Fussballfan?

Nein, überhaupt nicht – das ist ja das Verrückte! Weder ich noch mein Mann sind es und die Kinder haben uns in diese [Fussball-] Welt eigentlich reingezwungen. Ich bin aber absoluter Fan, wenn einer meiner Jungs auf dem Feld steht. Da musste ich über die Jahre lernen mich etwas zurückzunehmen, ruhig zu sein und nichts mehr reinzurufen. […]

Ich bin also kein Fussballexperte, kenne aber jeden dieser Jungs aus der Mannschaft, gehe gerne zu Spielen und bin auch die stolze Mutter, wenn ein Tor fällt. Das ist dann die Belohnung für die ganze Woche.

Wir danken Yvonne ganz herzlich für das persönliche Interview.

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